Eurobonds, Coronabonds, Schuldengemeinschaft –
Europas Scheideweg?

Am 17.Juni fand das SME Connect Webinar “Eurobonds, Coronabonds, Schuldengemeinschaft – Europas Scheideweg?” mit dem zentralen Thema Wiederaufbauplan der Europäischen Kommission „Next Generation EU“ statt. Kooperationspartner waren der Europäischen Steuerzahler Bundes (TAE) und der Europäischen Wirtschaftssenats (EWS).

 

 

Moderator Dr. Stefan Gehrold, Sonderbeauftragter für Wirtschaft und Währung bei SME Connect, begann dieDebatte mit dem letzten Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Staatsanleihekauprogramm der EZB und einem Rückblick auf die letzten Ratssitzungen. Das Thema ist aktuell und wird es sehr lange bleiben, so Gerholds Fazit.

Diese Art von Schulden auf europäischer Ebene lehnt Engin Eroglu MdEP, Freie Wähler, ECON Mitglied und Board Member SME Connect, in seinem Beitrag klar ab. Steuergelder aus EU-Ländern sollen nicht dazu verwendet werden, um die Haushalte anderen Mitgliedsstaaten zu finanzieren. „Wir müssen solidarisch sein, aber wenn wir helfen, dann müssen wir in die Zukunft investieren und nicht falsche Systeme finanzieren“. Durch Zuschüsse wird der Politik weitgehend die Verantwortung genommen. Besser wären Kredite mit 0,01% Finanzierung. Ebenfalls sollten Mitgliedsstaaten selbständig entscheiden können, ob sie an der Finanzierung und Auszahlung der Recoverybonds teilnehmen. Durch das Konstrukt der EU, werden Mitgliedsstaaten dazu genötigt, sich an diesen Bonds zu beteiligen. Sein Fazit: „Die Europäische Union steht in der Verantwortung ein Klima zu erschaffen, das dem Menschen der Europäischen Union so viel Freiheit wie möglich einräumt, bei so wenig Belastung wie nötig.“.

Das Europa sich tatsächlich an einem Scheideweg befindet, glaubt auch Joachim Schuster MdEP, SPD und ECON Mitglied. Dieser wurde aber nicht erst durch die Corona Krise ausgelöst. Wenn es nicht zu einer Kurskorrektur der Europäischen Politik kommt, dann ist ein Auseinanderbrechen der Euro Zone mit allen möglichen Konsequenzen für die Stabilitätsländer nicht auszuschließen. Es gibt eine grundsätzliche Fehlkonstruktion der Europäischen Wirtschaftsunion. „Es ist ökonomisch nicht möglich, dass man eine Währungsunion mit einer gemeinsamen Währung und einem gemeinsamen Binnenmarkt aufrechterhält, ohne zu meinen, dass man im Zweifelsfall, auch für das Fehlverhalten einzelner Teile dieser Währungsunion mit zur Kasse und mit zur Verantwortung gebeten wird.“ Durch die asymmetrische Auswirkung der Corona Krise muss über Zuschüssen gearbeitet werden, statt mit Krediten. Dabei müssen auch die Zukunftsherausforderungen (Digitalisierung und Green Deal) einbezogen werden.

Die massiven Summen der Recovery Pakete müssen irgendwann zurückgezahlt werden, die Frage der Haftung bleibt aber dabei bestehen, hebt Barbara Kolm, Vizepräsidentin der Österreichischen Nationalbank und Direktorin des Austrian Economics Center, dazu hervor. Weiter führte Sie aus: Haften alle Mitgliedstaaten in derselben Höhe oder nur anteilig? Wollen und können dies alle Mitgliedstaaten? Die permanente Auflegung von 0% Verzinsungen führt zu einem geringen Wirtschaftswachstum und dass kein Vermögen mehr für die Bevölkerung erwirtschaftet werden kann. Für Europa stellt sich die Frage, was es für eine Weichenstellung geben wird – Wollen wir eine Schuldengemeinschaft oder Eigenverantwortung der Mitgliedsstaaten, um ihre Haushalte in Ordnung zu bringen? Fakt ist, dass strukturelle Reformen Grundvoraussetzung sind, um mit weiteren Maßnahmen agieren zu können. Konjunktur -pakete müssen deshalb in Hinsicht auf die Zukunft geschnürt werden.

„Solidarität beinhaltet auch Eigenverantwortung“, so Rainhard Kloucek, Generalsekretär der Paneuropa-Bewegung Österreich, in seinem Einstieg zur Runde. Die Diskussion über Coronabonds wird seiner Meinung nach nicht ehrlich diskutiert, was dazu führt, dass das Vertrauen in die Europäischen Union sinkt. „Es wird nicht drüber geredet welches Europa wir wollen und wie eine Europäische Union in Zukunft aussehen soll. Es werden Maßnahmen beschlossen, die teilweise dem widersprechen, was ursprünglich in den Gesetzten verankert wurde – nämlich die Verhinderung einer gemeinsamen Schuldenunion“. Zusätzlich müssten bei einer Schuldenunion mögliche Konsequenzen und notwendige Instrumente wie ein Europäischen Finanzminister erwogen werden.

Michael Jäger, GS des TAE und CEO des Europäischen Wirtschaftssenats, erläutert, dass durch die riesigen Summen die bereit gestellt werden, die komplette Handlungsfähigkeit genommen wird und es somit zu einer langfristigen Dauerverschuldung der EU kommt. Es gibt zu wenig Transparenz und keinerlei Strategie. Geld wird freigeschaufelt, notwendig wären aber Umstrukturierung und institutionellen Reformen. Ein verbindlicher Tilgungsplan ist notwendig. „Wir sind ganz klar gegen EU-Steuern und gegen die Vergemeinschaftung der Schulden. Wo bleibt das Grundprinzip der Subsidiarität, der Eigenverantwortung? Da muss man nachhelfen! Wir müssen gemeinsam kämpfen, dass wir so effizient wie möglich mit jedem Euro, der eingesetzt wird, umgehen.“

Hinweis: SME Connect erstellt im September eine neue Arbeitsgruppe zu Währungs- und Finanzpolitik mit Stefan Gerhold als Leiter. Bei Interesse mitzuarbeiten kontaktieren Sie bitte Henrik Reimer, headoffice@smeconnect.eu